21. September 2024

Steuerrecht #9: Stolperfalle Auflösung Erbengemeinschaft - die Grundstückgewinnsteuer lauert

Die drei Geschwister, Max, Hans und Susanne Pech, habe von ihrer verstorbenen Mutter ein Haus im Kanton Zürich geerbt. Seit dem Ableben ihrer Mutter wurde das Haus in Form einer Erbengemeinschaft weitergeführt. Nun hat sich Max entschieden, das Haus mit seiner jungen Familie zu übernehmen. Diesbezüglich kauft Max die Mieteigentumsanteile von Hans und Susanne ab. Da es sich um ein altes Haus handelt, sind umfangreiche Renovationsarbeiten nötig, damit das Haus mit einem Kleinkind bewohnbar ist. Wie so oft drängt die Zeit. Um den Prozess zu beschleunigen wurde die Baubewilligung noch vor der eigentlichen Erbteilung eingegeben. Nach Erhalt der Baubewilligung hat Max eine Hypothek aufgenommen und seine Geschwister ausbezahlt. Sowohl der Banker als auch der Notar haben darauf hingewiesen, dass vorliegend keine Grundstückgewinnsteuern anfallen, da es sich gemäss § 216 Abs. 3 lit. a StG ZH um einen Aufschubtatbestand infolge teilweiser Erbteilung handelt.

Die Geschwister Pech staunten nicht schlecht, als sie vom zuständigen Gemeindesteueramt einen Einschätzungsentscheid über die Grundstückgewinnsteuer erhielten. Begründet wurde die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer damit, dass vorliegend eine der Grundstückgewinnsteuer unterliegende Realteilung und nicht eine steuerlich privilegierte Erbteilung vorliege. Weiter wurde ausgeführt, dass eine Erbengemeinschaft nur vorübergehenden Charakter hätte und einzig die Sicherung, Erhaltung und sachentsprechende Bewirtschaftung des Nachlasses bis zu seiner Auflösung bezwecke. Wird dieser Zweck nicht mehr verfolgt, so haben die Erben eine neue Gesellschaft, i. d. R. eine einfache Gesellschaft, begründet und damit die Erbteilung abgeschlossen. Die Auflösung der neuen Gesellschaft ist nicht mehr als Erbteilung steuerrechtlich privilegiert (vgl. RICHNER/FREI/KAUFMANN/ROHNER, Kommentar zum Zürich Steuergesetz, 4. A. 2021, § 216 N 51ff). Mit der Handänderung fand somit keine teilweise Erbteilung, sondern eine Realteilung statt, welche eine allfällige Grundstückgewinnsteuer auslösen kann. Massgebend für die stillschweigende Umwandlung der Erbengemeinschaft in die einfache Gesellschaft sei das Baugesuch bezüglich der geplanten Umbauten. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Erben Gesamteigentümer der Liegenschaft.

Der Argumentation des Gemeindesteueramtes wurde entgegengehalten:
Die Bildung einer einfachen Gesellschaft setzt eine vertragsmässige Bindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln voraus. Die Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft kann nur angenommen werden, wenn klar feststeht, dass die Betroffenen die fortgesetzte Erbengemeinschaft aufheben und als einfache Gesellschaft weiterführen wollen. Fehlen ausdrückliche Willenserklärungen der Erben, muss zur Einigung auf einen gemeinsamen Zweck eine rechtsgeschäftliche Förderungspflicht hinzukommen. Da bereits eine gesetzliche Bindung unter den Erben besteht, darf nicht allein aus der Tatsache ihres Zusammenwirkens und der Bedeutung des Projekts auf eine rechtsgeschäftliche Bindung geschlossen werden. Hinzukommen muss vielmehr eine die einfache Gesellschaft kennzeichnende, über die Erbengemeinschaft hinausgehende und sich von ihr unterscheidenden Beziehung. Für die Annahme einer einfachen Gesellschaft ist somit massgebend, ob die Erben die Absicht hatten, aus der provisorischen und passiven Erbengemeinschaft in einen andauernde und aktivere Zweckverfolgung hinüberzutreten.

Die folgenden Indizien sprechen klar dafür, dass hier keine Umwandlung der Erbengemeinschaft stattgefunden hat:

  • Die Aufnahme der Hypothek erfolgte einzig durch Max;

  • Beim Umbau handelt es sich lediglich um die Beseitigung von Schäden und Mängel, die schon im Zeitpunkt des Erbganges vorhanden waren (es ist noch darauf hinzuweisen, dass der Umbau nicht in Hinblick eines geplanten Verkaufes an einen Dritten erfolgte, sondern die Bewohnbarkeit der Liegenschaft mit einem Kleinkind im Vordergrund stand);

  • Die teilweise Erbteilung erfolgte noch vor Abschluss der Umbauarbeiten.

Auch das Bundesgericht kam im Urteil 5A_304/2015 vom 23. November 2015, E. 7. 3., zum Schluss, dass in solchen Fällen - wie hier vorliegend - eben gerade keine Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft erfolgt. Mit dem Abschluss des Erbteilungsvertrages vor Abschluss des Umbaus wurde der Zweck der Erbengemeinschaft erreicht, nämlich die Teilung der Erbschaft.

Ende gut alles gut? Glücklicherweise hat sich nach erfolgter Einsprache das Gemeindesteueramt einsichtig gezeigt und schlussendlich den Aufschub gemäss § 216 Abs. 3 lit. a StG ZH gewährt.

 
Tobias Ehrensberger

Leiter Standort Winterthur
Dipl. Treuhandexperte, LL.M. UZH in International Tax Law