Das klassische Arbeitsverhältnis mit der 42-Stunden-Woche gehört für immer mehr Leute der Vergangenheit an. Durch die veränderten Lebensformen gewinnt das «Work-Life-Balance» Konzept zunehmend an Gewicht.
Zu diesem ganzheitlichen Konzept, das die Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Familie gewährleistet, zählen auch die flexiblen Arbeitssysteme, insbesondere die flexiblen Arbeitszeiten in verschiedenen Formen. In diesem Artikel erläutern wir Ihnen die Form «Teilzeitarbeit», deren Bedeutung in der Schweiz stark zugenommen hat, und zeigen Ihnen allfällige Stolpersteine auf.
Einerseits bedeutet Teilzeitbeschäftigung häufig ungesicherte Arbeitsverhältnisse, schlechtere soziale Absicherungen (z.B. bei der Pensionskasse: Benachteiligung durch den fixen Koordinationsabzug) sowie geringere Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen on the job. Andererseits bietet sie die Möglichkeit, neben der Erwerbsarbeit noch andere Arbeiten zu übernehmen wie Kinderbetreuung und Hausarbeit. Grundsätzlich gelten für die Teilzeitarbeit dieselben Regeln wie für Vollzeitarbeit.
Das Obligationenrecht umschreibt den Begriff der Teilzeitarbeit in Art. 319 Abs. 2 OR*
(* Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht); Obligationenrecht (SR 220)):
Als Einzelarbeitsvertrag gilt auch der Vertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer zur regelmässigen Leistung von stunden-, halbtage- oder tageweiser Arbeit (Teilzeitarbeit) im Dienste des Arbeitgebers verpflichtet.
Die Terminologie zur Teilzeitarbeit gemäss Streiff/Von Kaenel*
(* Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, Art. 319 OR N 18):
Unter Teilzeitarbeit versteht man Arbeitsleistung mit einem kleineren Pensum als die betriebliche Normalarbeitszeit. Dieses kann stunden-, halbtage-, tage-, wochen- oder monatsweise bestimmt werden. Möglich ist auch eine Arbeit in Prozenten der vollen Tätigkeit. Die regelmässige Teilzeitarbeit (z.B. immer vormittags, jeden Freitag) wird als eigentliche Teilzeitarbeit, die unregelmässige, sporadische als uneigentliche Teilzeitarbeit – auch Gelegenheits- oder Aushilfsarbeit – bezeichnet. Während der eigentlichen Teilzeitarbeit kann der Arbeitnehmer* (* Der vorliegende Text bezieht sich ungeachtet der gewählten Formulierung stets auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etc.) mehrere Arbeitsverträge mit verschiedenen Arbeitgebern während der gleichen Zeitperiode erfüllen.
Besondere Probleme können namentlich in den Bereichen Lohnfortzahlung, Freizeit, Ferien sowie Arbeits- und Ruhezeiten nach ArG* ( *Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel; Arbeitsgesetz (SR 822.11)) auftreten. Nachstehend finden Sie eine Auswahl einzelner Stolpersteine. Eine vollständige Abhandlung sämtlicher Aspekte würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Das Ferienrecht von jährlich mindestens vier beziehungsweise fünf Wochen (bis zum vollendeten 20. Altersjahr) bezahlten Ferien in natura (zwei Wochen davon müssen am Stück bezogen werden) steht jedem Arbeitnehmer, auch jenen, die Teilzeitarbeit leisten, zu. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Ferienlohn als Lohnzuschlag ausbezahlt wird.
Häufig stellt sich die Frage, ob bei Teilzeitangestellten im Stundenlohn die Ferien durch Lohnpauschalen oder Lohnzuschläge abgegolten werden können (die Abgeltung des Ferienlohns erfolgt in der Meinung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Ferien bezieht (z.B pro Jahr 48 Wochen Teilzeitarbeit, 4 Wochen Ferien, Lohn für 48 Wochen plus Zuschlag von 8.33%))* (* BSK (Basler Kommentar) OR I, Wolfgang Portmann, Art. 329d N15):
Der Ferienlohn ist wie der sonstige Lohn zum Zeitpunkt der normalen Fälligkeit (ist nichts anderes bestimmt, gilt als normale Fälligkeit das Ende jedes Monats) auszurichten. Die Abgeltung des Ferienlohns durch Lohnpauschalen oder Lohnzuschlägen (sog. Ferienprozente, bei vier Wochen Ferien mind. 8.33% des Bruttolohns) ist daher grundsätzlich unzulässig. Nach der Gerichtspraxis gilt allerdings eine Ausnahme, wenn die Berechnung des Ferienlohns infolge unregelmässiger oder kurzer Beschäftigung schwierig ist (die Zulassung dieser Ausnahme ist trotz der strengen Voraussetzungen in der Lehre umstritten). Erforderlich ist dann aber, dass die Pauschale oder Zuschläge im Arbeitsvertrag, sofern dieser in schriftlicher Form abgefasst ist, und in den Lohnabrechungen betragsmässig gesondert ausgewiesen werden. Formulierungen wie «Ferienlohn inbegriffen» genügen nicht. Wird hiergegen verstossen, müssen trotz erbrachter Leistungen die Ferienlöhne bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachgezahlt werden* (*BSK OR I, Wolfgang Portmann, Art. 329d N3). Will man trotz des Risikos der Nachzahlungsforderungen der Arbeitnehmer an Ferienlohnzuschlägen festhalten, sollte dies in gesetzeskonformer Weise erfolgen. Eine sichere Möglichkeit ist, den Ferienzuschlag zwar auf jeder Lohnabrechnung zu berechnen und auszuweisen, jedoch erst beim Ferienbezug auszuzahlen* (* Streiff/Von Kaenel, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, Art. 329d N9). Nach der Auszahlung beginnt die Addition von Neuem.
Sofern Teilzeitbeschäftigte ohne ihr Verschulden an der Arbeit verhindert sind (in der Regel durch Unfall oder Krankheit), trifft den Arbeitgeber unabhängig vom Pensum die Lohnfortzahlungspflicht nach Art. 324a oder 324b OR. Dies gilt auch hier insbesondere für im Stundenlohn Angestellte. Kaum Probleme bieten in der Praxis Teilzeitverhältnisse mit zum Voraus festgelegten Arbeitszeiten: relevant sind nur diejenigen Fehltage, die im konkreten Fall Arbeitstage sind, und der Arbeitnehmer erhält Unfalltaggeld oder während einer beschränkten Zeit den Lohn, den er erhielte, wenn er arbeitsfähig wäre. Dieser Grundsatz gilt auch bei unregelmässiger Arbeitszeit. Steht fest, wie viel der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, lässt sich auch die Höhe der Lohnfortzahlungspflicht bestimmen. Ist die Bestimmung nicht möglich, muss unter Beizug einer Hilfsrechnung der wahrscheinliche Lohn möglichst genau festgelegt werden. Häufig, aber nicht immer, bildet der Jahresdurchschnitt eine gute Basis.
Durch das Wort «regelmässig» nimmt das Gesetz eine Abgrenzung zur uneigentlichen Teilzeitarbeit vor, bei der jeder Arbeitseinsatz ein gegenseitiges Einverständnis voraussetzt und somit stets neue, meist befristete Arbeitsverträge geschlossen werden. In einem solchen Fall trifft den Arbeitgeber keine Lohnfortzahlungspflicht nach Art. 324a OR, wenn er einen vom Arbeitnehmer erneut angebotenen Einsatz ablehnt.
Bei einem Teilzeitangestellten gilt jede Stunde, die er über die vertraglich vereinbarte Zeit hinaus arbeitet, als Überstunden. Will der Arbeitgeber verhindern, dass er den Überstundenzuschlag von 25% gemäss Art. 321c OR bezahlen muss, muss eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag eingeführt werden.
Einige Sozialversicherungen kennen Schwellenwerte für die Versicherungspflicht. Diese Schwellen können insbesondere bei einem Teilzeitangestellten mit kleinem Pensum eine Rolle spielen. Bei der Unfallversicherung sind Angestellte mit einem Pensum von weniger als acht Stunden pro Woche nicht über den Arbeitgeber gegen Nichtberufsunfälle versichert. Ein Arbeitnehmer mit einem Jahreslohn pro Arbeitgeber von weniger als CHF 20’880 (Stand per 01.01.2012) ist nicht obligatorisch BVG versichert. Der Arbeitgeber hat jedoch die Möglichkeit, die Grenze freiwillig dem Pensum anzupassen. Massgebend sind die jeweiligen Anschlussverträge und Vorsorgepolicen der einzelnen Anbieter. Auf geringfügigen Löhnen (seit 01.01.2011 bis CHF 2’300 pro Jahr pro Arbeitgeber) muss nur auf Verlangen des Empfängers AHV/IV/EO/ALV abgerechnet werden (auf geringfügigen Löhnen von in Privathaushalten Angestellten muss die Abgabe jedoch immer geleistet werden). Auch wenn das Gesetz nicht explizit eine schriftliche Vereinbarung zur Ausbedingung der Abrechnungspflicht vorsieht, empfiehlt es sich, dies schriftlich festzuhalten. Weiter ist anzumerken, dass der Arbeitgeber auch bei geringfügigen Löhnen nicht von seiner Bescheinigungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern befreit ist.
Ob ein Teilzeitarbeitverhältnis Sinn macht oder nicht, ist jeweils sehr individuell zu beurteilen. So unterschiedlich wie die Menschen und ihre Bedürfnisse sind, so mannigfaltig können auch die Problemstellungen im Rahmen der Teilzeitarbeitsverhältnisse sein. Eine allgemeingültige arbeitsvertragliche Lösung gibt es nicht, da die gestellten Anforderungen und Interessen der Parteien im Einzelfall sehr unterschiedlich sind. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erarbeitung einer massgeschneiderten Lösung.
Weibliches Phänomen!
Zur Zeit gehen mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen der Teilzeitarbeit nach, während es bei den Männern ca. 13.5% sind.
FeiertageFeiertage
Was passiert, wenn ein Feiertag auf meinen arbeitsfreien Tag fällt?Soweit Feiertage nicht in die Arbeitszeit fallen, z.B. auf einen Sonntag oder bei Teilzeitarbeit auf einen freien Tag, besteht kein Anrecht auf Nachgewährung.
Ferien
Um den Erholungszweck zu gewährleisten, ist eine Abgeltung der Ferien durch Geldleistung oder andere Vergünstigungen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht gestattet (Art. 329d Abs. 2 OR). Wird dagegen verstossen, muss der Arbeitgeber damit rechnen, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Ferien nochmals zu bezahlen.
Lohnfortzahlung
Beispiel: Frau Müller ist im Stundenlohn angestellt und arbeitet jeweils montags und freitags am Nachmittag vier Stunden. Erkrankt sie am Montag oder am Freitag, hat sie Anspruch auf Lohnfortzahlung von je vier Stunden. Eine Arbeitsunfähigkeit von Dienstag bis Donnerstag ist nicht relevant.